Wow, der Matrosenkragen ist ja gut bei euch angekommen!
Ich freue mich, dass so viele von euch inspiriert waren und Lust auf Matrosenkrägen haben. In bester Do it yourself-Manier kommt hier die versprochene Anleitung, wie ihr einen Matrosenkragen konstruieren könnt.
Tutorial: Easy peasy Matrosenkragen konstruieren
Es ist nicht schwer, so einen Matrosenkragen zu konstruieren. Ihr solltet jedoch etwas Erfahrung im Umgang mit Schnittmustern haben. Ein gewisses Gespür für Proportionen finde ich auch wichtig, wenn es um das Erstellen von Schnittteilen geht. Und, das Allerwichtigste: Freude am Ausprobieren!
Wie ich den Matrosenkragen konstruiert habe, zeige ich euch anhand eines 1:4-Grundschnittes. Dieser Oberteilgrundschnitt ist ein Viertel so groß wie ein herkömmlicher Schnitt. Süß, oder?
Praktisch, wenn man Dinge ausprobieren möchte. Ätzend, wenn die Änderungen bis aufs i-Tüpfelchen nachgemessen und mit einer Note versehen werden.
Damit der Kragen stimmig aussieht, müsst ihr mit den Proportionen arbeiten. Konstruiert euren Kragen und macht ein Probeteil, das ihr an das Oberteil heften könnt. Seid ihr zufrieden? Prima! Ab an den Stoff!
Habt ihr das Gefühl, dass ihr etwas ändern solltet? Auch gut! Macht diese Änderungen und macht im Zweifelsfall noch ein Probeteil. Hey, wieder was gelernt!
Schnittkonstruktion ist im Schneiderhandwerk Sache der Meisterin oder des Meisters. Das verrät euch schon: Hier kann es ganz schön kompliziert werden! Macht euch nichts draus, wenn ihr auf Anhieb nicht den perfekten Matrosenkragen konstruiert habt und in der Länge, der Breite oder an anderen Stellen nachbessern müsst. Unter uns? Bei den Profis geht es oft mit genauso viel trial and error zu.
Bereit? Los geht’s!
Schritt 1: In den allermeisten Fällen findet ihr einen Matrosenkragen in Kombination mit einem V-Ausschnitt. Daher ist der erste Schritt: V-Ausschnitt einzeichnen. Überlegt euch, wie tief der Ausschnitt sein soll. Macht euch eine Markierung im Vorderteil an der vorderen Mitte, wo der Ausschnitt enden soll.
Um Verwirrung zu vermeiden, habe ich das Schnittteil an der Linie abgeschnitten.
Stellt euch vor, dass der Kragen auf eurer Schulter aufliegt. Wie breit soll diese Stelle sein? Ihr könnt auch ein Lineal auf auf die Schulter auflegen, um das Ganze anhand von Maßeinheiten zu visualisieren.
Zeichnet die Breite, für die ihr euch entschieden habt, im Vorderteil an der Schulternaht ein, ausgehend vom V-Ausschnitt.
Verbindet diesen Punkt mit dem tiefsten Punkt des V-Ausschnitts. Wie ihr seht, habe ich hier auch wieder eine Gerade gezogen. Ihr könnt auch eine leichte Kurve zeichnen.
Bei meinem Schnittteil für den genähten Kragen habe ich diese Gerade durch eine Kurve noch etwas zur Schulter hin abgeflacht. Das hat mir besser gefallen. Also: Probeteile sind wichtig!
Die nächste Frage: Wie breit soll der Kragen hinten sein? (Ihr merkt: Schnittkonstruktion ist nichts für Unentschlossene.)
Ihr könnt den Abstand, den der Kragen zum äußeren Schulterpunkt hat, entlang des Armausschnitts bis zu eurer rechtwinkligen Linie zeichnen. Der Kragen hat dann immer den gleichen Abstand zum Ärmel.
Eine englische Anleitung, auf die ich bei meiner Recherche gestoßen bin, empfiehlt, den Kragen zur unteren Kante hin leicht einzustellen. Das habe ich bei meinem Kragen auch gemacht: Ich habe mir eine Kragenbreite überlegt, die ich stimmig zur Breite meines Rückens fand; meine rechtwinklige Linie habe ich so lang gezeichnet, wie der Kragen breit sein soll.
Diese Kragenbreite ist ein paar Zentimeter schmaler als wenn ich den gleichen Abstand zum Armausschnitt gezeichnet hätte.
Legt eure Schnittteile wieder an den Schultern aneinander. Ihr könnt die Teile auch mit Tesa oder Washi-Tape an ein paar Stellen fixieren, damit nichts verrutscht. Ganz wichtig.
Ich benutze dieses semi-transparente Architektenpapier für Schnitte. Relativ günstig, fest, umweltfreundlicher als die Baumarktfolie, und perfekt für die Schnittkonstruktion.
Ihr könnt auch Folie zum Abpausen benutzen oder die Schnittteile durchrädeln.
Zeichnet das zusammengesetzte Schnittteil für den Kragen ab. Ich würde euch empfehlen, die Schulterpunkte mit ein zu zeichnen; diese könnt ihr beim Nähen als Orientierung nehmen.
Ihr könnt jetzt entweder ein Probeteil anfertigen oder, wenn ihr schon mehr Erfahrung in der Schnittkonstruktion habt, gleich ein paar Anpassungen vornehmen: Ich würde z.B. noch den Übergang von Rück- zu Vorderteil etwas abflachen und die Schräge des Vorderteils in eine leichte Kurve ändern.
Solche Dinge seht ihr auch am Probeteil: nehmt einen alten Stoff und zeichnet die Änderungen, die euch auffallen, gleich mit Filzstift ein.
Das Bild unten soll das verdeutlichen: die gestrichelte Linie ist die Ausschnittnaht; hier sind Kragen, Halsausschnitt und Beleg aneinander genäht.
Der Kragen liegt nicht flach am Ausschnitt an, sondern steht leicht hoch, bevor er sich herumrollt und eine Kante bildet. Diese Variante gefällt mir besser, da es mehr von einem Kragen hat.
Optional: Verlängert die hintere Mitte ein paar Zentimeter über den Ausschnitt hinaus. Bei mir waren es, soweit ich mich erinnere, gute 5 cm.
Messt die Strecke des Ausschnitts am Rückteil – also vom inneren Schulterpunkt (A) bis zur hinteren Mitte (B). Am besten geht das mit einem flexiblen Lineal oder einem Maßband.
Die Länge dieser Strecke AB zeichnet ihr als Linie rechtwinklig zur hinteren Mitte, ausgehend von eurem erhöhten Ausschnittpunkt.
Diese Linie AB überlappt sich vielleicht mit eurem Schnittteil; das macht aber nichts. Hauptsache, die Linie ist so lang wie die Strecke des hinteren Ausschnitts.
Zeichnet euch jetzt eine Hilfslinie: von dem letzten Punkt eurer Linie bis zum äußeren Schulterpunkt.
Ihr werdet merken: Am inneren Schulterpunkt hat sich ein kleiner Versatz von Vorder- und Rückteil des Kragens gebildet. Im Bild unten habe ich diesen Versatz als Keil eingezeichnet.
Paust dieses neue Schnittteil ab: Außen einmal rundherum – und dann die vordere Mitte, also den tiefsten Punkt des V-Ausschnitts, mit dem Endpunkt unserer Linie AB verbinden.
Fügt noch die Nahtzugaben hinzu (außer in der hinteren Mitte, die im Bruch zugeschnitten wird). Schneidet den Kragen zweimal zu, verstürzt die äußeren Kanten, wendet den Kragen auf rechts, bügelt ihn, und näht die inneren Kanten in den Ausschnitt.
Geschafft!
Ausprobiert? Zeigen, bitte!
Ich freue mich, wenn ihr meine Anleitung ausprobiert. Dabei ist das Experimentieren ganz wichtig. Bei Verständnisfragen könnt ihr mir gerne ein Kommentar schreiben! Ich freue mich natürlich auch über Verlinkungen und eure fertigen Werke.
Auf Social Media könnt ihr mich gerne mit @ratundnaht und/oder dem Hashtag #ratundnaht markieren, wenn ihr meine Anleitung benutzt habt.
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Verlinkt: MeMadeMittwoch
Tabea
Das ist echt eine verständliche Anleitung, danke. Kannst du einem Laien wie mir noch erklären, wie man aus dem Schnittmusterteil dann den fertigen Kragen an das Shirt näht?
Liebe Grüße
Jenny
Liebe Tabea,
das würde ich – wenn! – dann in eine separate Anleitung packen. Grundsätzlich habe ich den Kragen aber nur zwischen Oberteil und Beleg mitgefasst, sozusagen.
Liebe Grüße
Jenny
Fredi
Dieses Lineal!! Oh ist das süß, habe ich noch nie gesehen.. 😉
Und danke für die tolle Anleitung!
Liebe Grüße, Fredi
Jenny
Liebe Fredi,
vielen Dank!
Das Lineal habe ich seither auch nirgends mehr gesehen. Ich denke, dass es hauptsächlich in der (professionellen) Schnittlehre eingesetzt wird. 🙂
Kerstin Neumann
Großartig, vielen Dank! Ich liebe Matrosenkleider und jetzt kann ich mir endlich eines selber nähen!
Ein Frage hätte ich noch: ist die weiße Schleife mit angenäht oder wo kommt die her?
Liebe Grüße, Kerstin
Jenny
Hallo Kerstin,
das Band habe ich einfach unter den Kragen gelegt, es lässt sich abnehmen.
LG Jenny
Martina
Das Lineal interessiert mich auch. Von welcher Firma ist es? Leider kann ich die Fotos nicht vergrößern, sonst hätte ich nicht gefragt.
Gruß
Martina
Jenny
Hi Martina, auf diesem Bild erkennst du die Marke: https://ratundnaht.de/wp-content/uploads/2017/08/matrosenkragen_konstruieren_ratundnaht-18.jpg
Pattern-max 1:4.