Dieser Blogbeitrag enthält unbeauftragte Werbung. Alle Produkte wurden von mir selbst gekauft. Ich stehe in keiner Verbindung zu den genannten Unternehmen.
Wer in den letzten zwei Monaten die internationale Nähszene beobachtet hat, weiß: Überall tauchten Jacken(schnittmuster) auf, die relativ schlicht sind, mit Kragen und vielen Taschen. Das Kind hat einen Namen: Chore Jacket. Eine Jacke, die darauf ausgelegt ist, praktisch zu sein? Halleluja, count me in! Ich brauche eine Chore Jacket. Ich habe das Gefühl, dass sie das zum Kleidungsstück gewordene Äquivalent meiner Persönlichkeit darstellt: pragmatisch, ohne Chi-Chi und Angst, sich die Hände (oder Jackenärmel, in diesem Fall) schmutzig zu machen. Im wahrsten Sinne.
Ich nähe Jacken und Mäntel sehr gerne, aber nicht sonderlich oft. Im Gegensatz zu Hosen und Hemden kann ich mich hier wirklich zusammen reißen und weiß: In der Garderobe ist nur begrenzt Platz. Und meistens trage ich in einer Saison die gleichen ein, zwei Jacken. In der Regel reicht es mir auch, einen Wintermantel zu haben, der zu allem passt. In den letzten Wochen habe ich aber gemerkt: Ich brauche etwas, das weniger „büroschick“ ist. Eine kürzere Jacke, um Abwechslung von meinem knielangen Wintermantel zu haben. Etwas, das mehr nach Utility aussieht.
Die Zutaten:
Cord in einem undefinierbaren Rotton, der mal eher kastanienbraun, mal eher lila aussieht.
Jeansknöpfe in altkupfer.
Samtiges Steppfutter in dunklem Altrosa.
Das Schnittmuster:
In letzter Zeit gab es eine Flut von ähnlichen Chore- und Shacket-Schnittmustern. Letzteres ist ein Hybrid aus einer leichten Jacke und einem Hemd. Die Qual der Wahl also.
Letztendlich habe ich mich für die Ilford Jacket von Friday Pattern Co. entschieden. Die Firma setzt sich offensichtlich gegen Rassismus und für Diversity ein – nicht nur, was die Auswahl der Models betrifft, sondern 5 % des Ertrags durch Verkauf von Schnittmustern werden an wohltätige Organisationen gespendet. Organisationen, die Werte und Zwecke unterstützen, die mir selbst am Herzen liegen.
Pockets!
Das Schnittmuster ist fürs Customizing ausgelegt: Es gibt eine große Auswahl an Taschenoptionen in verschiedenen Formen und Größen.
Ich habe mich für die abgeschrägten Brusttaschen mit Patte entschieden – rein für die Optik, das muss bei diesem Stil einfach sein. Benutzt irgendjemand tatsächlich Brusttaschen?
Die wahren Helden sind die Hand Warmer Pockets – Love! Das ist genau die richtige Tasche, wenn man bei ungemütlichem Wetter seine Hände vergraben will und gleichzeitig Platz für Handy, Handschuhe, Schlüssel, Hundetüten und Taschentuch braucht.
Die Hand Warmer Pockets habe ich mit dem Steppfutter verstürzt. So sind die Kanten schön innen eingeschlossen, gegen das ausfransen geschützt und die Taschen sind innen so angenehm und warm.
Die Brusttaschen habe ich ebenfalls verstürzt, mit einem Leinenstoff in der perfekten Farbe, der kein unnötiges Volumen schafft. In solchen Momenten ist man doch immer wieder froh, die Stoffreste von vergangenen Projekten jahrelang aufbewahrt zu haben.
Die Taschenpositionen habe ich bei der Anprobe der Jacke bestimmt. In den allermeisten Fällen bestimme ich die Position von Taschen oder anderen aufgenähten Features sowieso bei der Anprobe und gehe nicht zwingend nach den Positionen, die im Schnittmuster eingezeichnet sind. Manchmal stimmt meine bestimmte Position mit dem Vorschlag des Schnittmusters überein. Manchmal nicht.
Bei der Ilford Jacket war ich allerdings erstaunt, dass es überhaupt keine Positionsvorschläge gab. Einerseits nachvollziehbar: Dadurch ist das Vorderteil eine leere Leinwand, man wird nicht direkt beeinflusst und oft ist es sowieso besser, die Position passend für den eigenen Körper und entsprechend eigener Vorlieben zu bestimmen. Dazu wird man auch in der Anleitung ermutigt:
The pattern does not include pocket placement marks. This is to encourage you to customize it to how it looks and feels best on your body!
Ilford Jacket Instructions
Andererseits: Für Nähanfänger:innen stelle ich mir das ziemlich irritierend vor. Außerdem finde ich es schön, einen Anhaltspunkt zu haben, von dem aus man die eigene Wunschposition bestimmen kann: Brusttasche zwei Zentimeter nach unten und einen Zentimeter nach außen. Das kann man dann auch im Schnittmuster für future reference vermerken. An zusammen genähten Schnittteilen ist es dagegen manchmal schwer, gerade Linien zu bestimmen. Ich denke die wenigsten möchten nach getaner Arbeit feststellen, dass ihre Tasche schräg aufgenäht wurde. Außerdem wird es ohne Anhaltspunkte mühsamer, die Taschen auf beiden Seiten identisch zu positionieren.
Hingekriegt habe ich es natürlich trotzdem. Dieses Detail wollte ich aber nicht unerwähnt lassen.
Futter und Belege
Das Schnittmuster ist dafür ausgelegt, ohne Futter genäht zu werden. Daher sind die entsprechenden Schnittmusterteile auch nicht vorhanden. Ich habe einen Beleg für das Vorder- und Rückteil gezeichnet und das Steppfutter identisch zum Oberstoff zugeschnitten.
Die inneren Kanten der Belege habe ich knapp eingeschlagen und die Belege so auf das Steppfutter genäht. Diese Schicht habe ich dann mit dem Oberstoff verstürzt.
Weitere Anpassungen
Um den Trucker-Style aufzugreifen, habe ich das Rückteil zweigeteilt und somit eine Passe geschaffen. Die Breite habe ich an meinem Probeteil aus einem alten Bettlaken bestimmt. Wie alle anderen Nähte habe ich auch die Passe doppelt abgesteppt, um die Naht zu betonen.
Außerdem habe ich am Saum einen Bund angenäht. Dadurch konnte ich auch die Oberstoff- und Futterschichten elegant zusammen führen – sie werden einfach von dem Bund eingeschlossen.
Kapuze
Ich verstehe nicht, warum so viele Schnittmusterdesigner:innen auf dem Feature „abnehmbare Kapuze“ schlafen. Zwanghaft pragmatische Leute wie ich bekommen das, was sie wollen, und diejenigen, denen die Optik mit Kapuze nicht gefällt, können sie weglassen. Win-Win!
Wenn ich eine Jacke für eine Jahreszeit nähe, in der es kalt ist und von der ich durch Erfahrung weiß, dass es regnet (oder ganz ganz eventuell schneit), dann brauche ich eine Kapuze. Ist doch nur logisch, oder? Beim Gassi gehen schleppe ich doch keinen Schirm mit, nur für den Fall…
Für diese Kapuze habe ich die Schnittteile der Serra Jacket von Pauline Alice verwendet. Super Schnittmuster! Seit zwei Jahren trage ich meinen Serra Wintermantel, den ich online noch nicht gezeigt habe. Ich konnte die abnehmbare Kapuze des Wintermantels an die Ilford Jacket stecken und so ausprobieren, ob die Teile kompatibel sind. (Spoiler: Sind sie.)
Die Kapuze hat eine für mich optimale Weite und Tiefe. Sie kann gefüttert genäht werden, die Teile für Futter und Beleg sind im Schnittmuster inbegriffen. Dadurch hat man eine tolle saubere und professionelle Optik. Ich habe für das Futter der Kapuze wieder das Steppfutter verwendet.
In meinem Fundus hatte ich diese flachen Knöpfe in Lederoptik. Ich weiß nicht, mit welcher Art von Lack sie überzogen sind, aber die Farbe passt perfekt. Gut, die Knöpfe sind sowieso unter dem Kragen der Ilford Jacket versteckt, aber ist doch schön, wenn sich Dinge so gut ineinander fügen.
Das Hemd ist das Kalle Shirt von Closet Core Patterns, die Hose die Avery Leggings von Helen’s Closet.
Petra
Wow, tolle Jacke und Supermodel Verarbeitung. Schön, einmal wieder etwas von Dir zu sehen/ hören
Jenny
Dankeschön! 🙂 Auf Instagram zeige ich regelmäßig etwas von mir.
Mai Quynh
Ich nähe nicht, aber finde deine Anleitung und Kommentare praktisch und anschaulich. Und dieser Rotton… ein Träumchen!
Jenny
Danke! Ja, ich finde den Rotton auch richtig genial!
Christina
Wow!
Was für eine unglaublich schöne Jacke!
Die Farben sind der Wahnsinn und alles steht dir ausgezeichnet!
Viel Freude damit!
Grüße Christina
Jenny
Liebe Christina, vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Die Jacke bringt mir jetzt schon viel Freude!
Marta.Seweryna
Oha, sehr sehr nice! Mir hatte eine grüne Variante aus Cord vorgeschwebt, letztlich habe ich eine lange Variante aus meinem Bestand vernäht. Bei dem Schnitt finde ich es so spannend, dass jede Jacke wirklich anders aussieht. Andere Schnitte empfinde ich da wesentlich limitierter. Deine Variante mit dem Beleg finde ich super clever, das werde ich mir fürs nächste mal merken! Ich habe leider ein -für Wintertage- zu dünnes Futter benutzt und einfach am Kragen improvisiert und eingefügt. Ging auch, sieht aber nicht so schick. Und die Kapuze erst, clever! Das mit den fehlenden Taschenmarkierungen fand ich nicht so schlimm, da ich auch die Länge der Jacke nach Augenmaß bestimmt habe.
Viele Grüße
Marta
Jenny
Hallo Marta, vielen Dank für deinen Kommentar! Ich finde es auch super, wie kreativ die Leute mit dem Schnittmuster werden. Ich hab schon so viele coole Varianten gesehen – ich finde, dass das SM für Color Blocking auch toll geeignet ist.
Ich arbeite auch sehr oft nach Augenmaß, aber bei sowas müssen bei mir beide Seiten identisch aussehen.
Moni K
Ein schöne Jacke! Ich mag den roten Cord, der passt einfach super zum Schnitt.
Keine Markierungen für die Taschen finde ich auch sehr gewagt. Ich versetzte die Taschen auch manchmal oder ändere die Form, aber ganz ohne Markierung finde es doch schwierig!
LG und ein schönes Weihnachtsfest
Monika
Hannah
Hallo Marta,
wow, das Innenleben ist toll verarbeitet. Ich habe die Ilford Jacket auch schon genäht, zur Probe aus Canvas, und möchte sie jetzt nochmal aus Cord nähen. Was mich aber bremst, ist, dass der Übergang vom Hauptteil zu den Ärmeln doof fällt. Er wirft richtig Falten und ich habe das Problem schon mehrfach bei anderen bei Instagram gelesen. Weil der Ärmel nicht oben gerundet ist und das Hauptteil auch nicht. Wenn man darauf achtet fällt es bei den meisten Bildern auch auf, das Problem haben andere Schnittmuster nicht. Aber mir gefällt es sonst so gut.
Diese Falten sehe ich jetzt bei dir nicht. Hast du da was geändert? Ich wäre super dankbar, wenn du mir einen Tipp geben könntest. 🙂
Viele Grüße, Hannah
Jenny
Meinst du mich? 🙂
Klar, bei der Kastenform hast du keine faltenfreie Passform und wirst sie auch nur schwer, falls überhaupt, bekommen. Ich hab gar nix verändert in der Hinsicht, es ist mir auch nicht negativ aufgefallen, weil ich finde, dass Falten und vermeintlich schlechter Sitz beim Oversize-Style dazu gehört.
Drei Gedanken: 1. Vielleicht liegt es mit am Stoff. Steifer Canvas vs. weicher Stretchcord bei mir. 2. Hast du mal eine andere Größe ausprobiert oder zwischen zwei Größen gegraded? 3. Ich habe recht dickes Steppfutter verwendet. Das polstert die gesamte Jacke aus. Kann sein, dass die Falten bei mir nicht so auftreten, weil der Oberstoff durch das dicke Futter nicht „einbricht“.
Liebe Grüße, Jenny
Nora Tenorio
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